- und zwar uns allen!
Ja, Sie lesen schon richtig. Es sollte uns allen zu denken geben, dass uns ein alter Mann vor Augen führen muss, wie dekadent und oberflächlich wir alle unterwegs sind. Die Raucher, die kurz vor Betreten eines Ladengeschäfts noch einen tiefen Zug nehmen, nur um den Glimmstängel gleich darauf achtlos wegzuwerfen. Die Hundehalter, die ihren besten Freund noch kurz ins Pflanzbeet lassen, obwohl die Grünkolonne bereits die Nachbarpflanzinsel bearbeitet. Die Fast-Food-Freaks, die sich bei der Entsorgung ihrer Einwegverpackungen nicht um eine ordentliche Entsorgung kümmern. Und schließlich wir alle, die wir an Wohlstandsmüll aller Art vorbeilatschen und keinen Gedanken daran verschwenden, ihn auch nur ansatzweise aufzuheben. Ja, und dann kommt da jeden Freitag Nachmittag gegen 14.00 Uhr der 83jährige Hermann Popp aus Untereisesheim daher, hat Eimer und Schaufel dabei - und macht die Hauptstraße von "Papier und mehr" bis zum Rathaus und wieder zurück sauber. Unaufgefordert! Um Gottes Lohn! Einfach so! Weil er den Dreck nicht sehen kann! Und weil er sich ärgert, wie achtlos man mit seiner unmittelbaren Umwelt umgeht. Die Reaktionen auf seinen Reinigungseinsatz sind in der Öffentlichkeit durchaus unterschiedlich. Vom schamhaften Wegsehen bis vorsätzlich noch einen Zigarettenstummel vor seine Füße werfen, ist alles dabei. Doch das lässt Hermann Popp kalt. Er bückt sich und hebt den Kleinabfall einfach auf. Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir ehren bei der Stadt Neckarsulm regelmäßig "Helden des Alltags". Das sind oft die unverzichtbaren Helfer innerhalb eines Vereines, die meistens kein offizielles Amt innehaben, ohne deren unermüdliche Unterstützung ein Verein aber auch nie funktionieren würde. Hermann Popp ist auch ein solcher "Held des Alltags". Ohne offiziellen Auftrag, bescheiden, fleißig, bodenständig und auf seine Art hartnäckig. Denn ehe nicht die letzte Kippe aufgelesen ist, macht er keinen Feierabend. Und was macht er eigentlich am Freitag Vormittag? Sie ahnen es. "Da bin ich in Untereisesheim unterwegs! Kleinabfall unserer Wohlstandsgesellschaft aufsammeln!"
Andreas Gastgeb