Stadt Neckarsulm unterstützt Inklusionsprojekt am Standort Friedrichstraße 49

Gruppenbild mit Pfarrer Schirkonyer, Vorstandsvorsitzender Leiß und OB Hertwig im Dienstzimmer des OB
Mit Unterstützung der Stadt Neckarsulm realisiert die Evangelische Stiftung Lichtenstern ein Inklusionsprojekt am Standort des früheren evangelischen Gemeindehauses Friedrichstraße 49: (v. li.) Georg Schirkonyer, Geschäftsführender Pfarrer der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde, Vorstandsvorsitzende Sybille Leiß und OB Steffen Hertwig.

Menschen mit Behinderung in die Stadt und die Kirchengemeinde integrieren, damit sie sich akzeptiert und wohl fühlen – das ist das Ziel des Inklusionsprojekts am Standort des früheren evangelischen Gemeindehauses Friedrichstraße 49 in Neckarsulm. Anstelle des Altbaus, der sanierungsbedürftig ist und zuletzt nur noch teilweise genutzt wurde, soll ein inklusives Wohn- und Betreuungsangebot in einem gemischt genutzten, barrierefreien Neubau entstehen. Um dieses Modellprojekt zu ermöglichen, hat die Stadt Neckarsulm den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Südöstlicher Stadtteil (Friedrichstraße)“, 9. Änderung auf den Weg gebracht.

Die Federführung und Leitung des Projekts liegt in den Händen der Evangelischen Stiftung Lichtenstern, die das Grundstück Friedrichstraße 49 von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Neckarsulm erworben hat. Als Generalübernehmer wurde die Kruck + Partner Wohnbau und Projektentwicklung GmbH & Co.KG, Heilbronn beauftragt. Das Bebauungskonzept wurde vom Architekturbüro arabzadeh.schneider.wirth (asw) freie architekten partnerschaft mbB, Nürtingen erarbeitet. Es sieht den Neubau von zwei Gebäuden in zwei Bauabschnitten vor.   

Wohnraum für Menschen mit Behinderung und neue Räume für die Stadtkirchengemeinde  

Im Erdgeschoss des Neubaus erhält die Stadtkirchengemeinde Neckarsulm neue Räume. In den Obergeschossen sind 16 Wohnplätze für Menschen mit Behinderung geplant. Eine 24 Stunden-Betreuung gewährleistet inklusive Unterstützung und bietet den Bewohnern die erforderliche Sicherheit. Perspektivisch könnten im zweiten Bauabschnitt kleine Zwei- und Mehrzimmerwohnungen entstehen.

„Es mangelt an geeignetem Wohnraum für Menschen mit Behinderung. Das ist ein Riesenproblem“, berichtet die Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Stiftung Lichtenstern, Pfarrerin Sybille Leiß. „Die Nachfrage ist entsprechend hoch.“ Das neue Wohnraumangebot richtet sich zum Beispiel an junge Menschen mit Behinderung, die nach dem Schulabschluss in eine eigene Wohnung ziehen möchten oder an Menschen, die bislang mit ambulanter Unterstützung gewohnt haben, jetzt aber mehr Hilfe benötigen. „Wir wollen solchen Menschen die Möglichkeit geben, in die Mitte der Stadt zu kommen“, bekräftigt Sybille Leiß. „In die Mitte der Gesellschaft – da gehören alle hin, besonders die, die Gefahr laufen, übersehen zu werden.“

Arbeit und Beschäftigung finden die Bewohner zum Beispiel in den umliegenden Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die von Neckarsulm aus gut mit dem ÖPNV zu erreichen sind. Auch die Stiftung Lichtenstern selbst ist Träger solcher Einrichtungen. Auch Netzwerke mit Neckarsulmer Firmen sind für Sybille Leiß denkbar. „Unsere Bewohner könnten an einer Werkbank in einer Neckarsulmer Firma arbeiten – das wäre ideal.“       

Die Stadt Neckarsulm befürwortet und unterstützt das Inklusionsprojekt. „Das Projekt bietet für die Stadt die riesige Chance, die soziale Infrastruktur in Neckarsulm zu stärken und im inklusiven Bereich eine Lücke zu schließen“, unterstreicht Oberbürgermeister Steffen Hertwig. „Das ist ein tolles und beispielhaftes Projekt.“

Nachbarschaftlicher Begegnungsraum in zentraler Lage

Die zentrale Lage des Neubaus fördert das Ziel, einen nachbarschaftlichen Begegnungsraum für Menschen mit und ohne Behinderung im Wohnumfeld zu schaffen. „Wir überlegen, unsere Räume im neuen Gebäude dreimal in der Woche zu Kaffee und Gesprächen zu öffnen“, so der Geschäftsführende Pfarrer der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde, Georg Schirkonyer. „So schaffen wir eine Begegnungsmöglichkeit im Rahmen des Quartiersmanagements. Damit dient das Inklusionsprojekt in Neckarsulm auch dem Projekt ‚Aufbruch Quartier‘ der Evangelischen Landeskirche.“                       

In der Nachbarschaft kommt das geplante Projekt gut an. Das haben die Reaktionen beim Abschiedsfest im alten Gemeindehaus gezeigt, wie Sybille Leiß und Georg Schirkonyer übereinstimmend berichten. Auch bei der frühzeitigen Beteiligung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens gab es keine grundsätzlichen Einwände oder Bedenken. Der Entwurf des Bebauungsplans wird jetzt weiter ausgearbeitet. Dabei werden die während der frühzeitigen Beteiligung eingegangenen Hinweise, vor allem zum Artenschutz, berücksichtigt.

Dass die Projektpartner, die Stiftung Lichtenstern und die Gesamtkirchengemeinde, zusammenfanden, ist der Neckarsulmer Bürgermeisterin Dr. Suzanne Mösel zu verdanken. Bei einem Bürgermeisterseminar gab Dr. Suzanne Mösel dem Bürgermeister der Stadt Löwenstein, Klaus Schifferer, den entscheidenden Hinweis zum perfekt geeigneten Grundstück der Kirchengemeinde in der Friedrichstraße. „Das dieses Projekt an diesem Standort realisiert werden kann, ist eine Fügung Gottes“, ist Georg Schirkonyer überzeugt.       

Begegnungsstätte mit langer Tradition

Das evangelische Gemeindehaus Friedrichstraße 49 wurde am 8. November 1908 eröffnet. Es bot der Kleinkinderschule, Vereinen und der Krankenstation Raum. 1954 erfolgte ein Innenumbau und von 1967 an wurde nach Plänen von Rudolf Gabel angebaut. 1970 weihte man das neu gestaltete Gemeindezentrum als „Haus der Begegnung“ ein. Es umfasste neben dem schon 1969 darin eröffneten Kindergarten einen Gemeindesaal, Klub- und Jugendräume, eine Diakonissenstation sowie Mitarbeiterwohnungen. Am 14. April 2024 verabschiedete sich die Kirchengemeinde mit einem Fest einschließlich Festgottesdienst und Rahmenprogramm von ihrem Gemeindehaus. Mit der geplanten neuen Nutzung wird die soziale Komponente fortgesetzt, die diesen Standort jahrzehntelang dominierte. (Stadtarchiv/snp)