Ausschnitt aus der Ortschronik - Originalbericht von Willi Winter

Der II. Weltkrieg erreicht Obereisesheim - in der Ortschronik von 1967 wird dieser schicksalshafte Tag wie folgt beschrieben:
 
(...) In einer Zeit, in der das Leben nur noch wenig Sinn und kaum mehr einen Wert zu haben scheint, geht es dem Osterfest 1945 entgegen. Was beim einstigen Bau der Neckarlinie kaum jemand für möglich gehalten hat, wird zur schrecklichen Gewissheit. Wir werden Frontgebiet. (...) Die deutsche Infanterie wird am Abend dieses 2. April 1945 auf dem westlichen Ortsrand und in das Dorf zurückgezogen. (...) In der Nacht bringen die Amerikaner Artillerie und schwere Granatwerfer in Stellung. Kein Schuss fällt. Beide Seiten stehen sich Gewehr bei Fuß gegenüber. Die Ruhe ist unheimlich. Es sollte die Ruhe vor dem Sturm sein. Unbehelligt von deutschen Vorpfosten beim Herzog-Magnus-Denkmal fahren am frühen Morgen des verhängnisvollen 3. April 3 Amerikaner mit einem Jeep über den Holzweg gegen das Dorf. Sie legen ein Telefonkabel. Nur 2 Amerikaner fahren später zum Wald. Einer bleibt zurück, um das Feuer seiner Batterien zu leiten... Nach 9.30 Uhr bricht die Beschießung los, aus Geschützen und Granatwerfern. Die erste Salve liegt in der Ziegelstraße. (...) Mit jeder Salve wandert die Feuerwalze um etwa 20 Meter weiter, über den ganzen Ortskern hinweg bis zur Falltor- und Gartenstraße.(...) Die Zivilbevölkerung hat an diesem Vormittag insgesamt 7 Tote zu beklagen, 3 weitere folgen in der Nacht. Fast machtlos steht die Feuerwehr dem Flammenmeer gegenüber. Sie besitzt lediglich eine Motorspritze vom Typ TS 8. Von außerhalb ist an diesem Tag keine Hilfe zu erwarten. Auch mit Luftschutzhandspritzen werden aufkommende Brände zu löschen versucht, aber meist vergeblich. So dehnt sich das Feuer immer weiter aus. In den Ställen brüllt das Vieh. Manche Tiere können ins Freie gebracht werden, aber viele verbrennen, ersticken im Rauch oder werden durch Splitter getötet. Um die Mittagszeit lässt der konzentrierte Beschuss nach. Die Amerikaner greifen an. (...)
(Der Originalbericht von Willi Winter ist in der Obereisesheimer Ortschronik nachzulesen.)
 
Seit Ende des II. Weltkrieges in Europa am 08. Mai 1945 mahnen Politiker weltweit in inhaltsgleichen Reden, „(...) dass sich dieser Teil der Geschichte niemals wiederholen darf! (...)“ Als diese Zeilen im April 2021 geschrieben wurden, lebte Europa noch in der romantischen Vorstellung, dass Krieg in einer aufgeklärten Welt tatsächlich kein Mittel der Wahl sein kann, um Konflikte zu lösen oder Machtansprüche zu sichern. Seit nunmehr gut 3 Jahren wissen wir das besser. Am 24.02.2022 hat Russland die Ukraine überfallen und seitdem tagtäglich für blankes Entsetzen in der Welt gesorgt. Gelernt haben vor allen Dingen die totalitären Regime dieser Welt überhaupt nichts! So unfassbar es immer noch klingen mag, wir haben Krieg in Europa! Im übernächsten an Deutschland im Osten angrenzenden Land sterben Menschen auf entsetzlichste Art und Weise. Der Krieg in Europa betrifft uns alle! Jeder einzelne von uns hat es in den vergangenen drei Jahren am eigenen Leib gespürt. Und es ist kein Ende in Sicht.
 
Andreas Gastgeb