Alternativflächen bieten besseren Nährboden für Wildblumen
Die Stadt Neckarsulm schafft weiter naturnah gestaltete Lebensräume für Tiere, Insekten und Pflanzen, allerdings nicht mehr vorrangig im Rahmen des Projekts „Natur nah dran“. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, lässt sich das 2020 in Zusammenarbeit mit dem NABU Baden-Württemberg gestartete Projekt in Neckarsulm nicht wie geplant dauerhaft umsetzen.
Auf zwei von drei „Natur nah dran“-Flächen können Wildblumen nicht gedeihen, weil sich der Boden für Wildpflanzen als zu nährstoffreich herausgestellt hat. Nur auf dem früheren, inzwischen renaturierten Interimsparkplatz „AQUAtoll“ am Wilfenseeweg ist es gelungen, die ehemalige Schotterfläche mit den passenden Wildpflanzen in ein blühendes Biotop zu verwandeln, das als Lebensraum für Wildbienen, Schmetterlinge und weitere Insekten dient. Die anderen beiden „Natur nah dran“-Flächen, der Klostergraben („Knapps Garten“) an der Stadtmauer und der Grünzug zwischen der Heidelberger Straße und der Harzstraße im Wohngebiet „Neuberg 4“, erhalten wieder eine normale Rasenstruktur und werden wieder regelmäßig gemäht.
Wildblumen benötigen magere Böden, um gut wachsen und gedeihen zu können. Solche Bodenverhältnisse bietet der frühere Interimsparkplatz. Der ehemalige Schotterboden wurde aufgelockert und mit einer dünnen Deckschicht aus Grünkompost aufgefüllt, damit die Wildblumen aufkeimen können. Sind die Blumen verblüht, wird diese Fläche gemäht, damit die im Boden enthaltenen Blumensamen neu austreiben können. Das geschieht einmal im Jahr, in der Regel im Herbst.
Auf den meisten Naturflächen in Neckarsulm, so auch auf den beiden Flächen am Klostergraben und im Neuberg, dominiert ein sehr nährstoffreicher und fruchtbarer Lehmboden. „Das ist der ideale Nährboden für Gräser“, erläutert der Leiter des Grünbereichs beim städtischen Bauhof, Günter Glaser. „Die Gräser wachsen so stark, dass sie alle Blühpflanzen verdrängen und ihnen die Lebensgrundlage entziehen.“
Streuobstwiese am Schweinshag wird zum Blumenparadies
Um dennoch blühende Wiesen zu schaffen und zu erhalten, konzentriert sich der städtische Bauhof vermehrt auf mineralische Böden, die im Vergleich zu den Lehmböden magerer sind. Solche Böden mit sogenanntem „Wengertskies“ gibt es zum Beispiel auf der Streuobstwiese gegenüber dem Parkplatz „Schweinshag“ und auf der Wiese unterhalb des Lautenbacher Bergs.
Damit diese Flächen regelmäßig erblühen, hat der Bauhof seine Pflegepraxis geändert. Diese Wiesen werden nur noch zweimal im Jahr gemäht. Sobald die Mahd getrocknet ist, wird sie abtransportiert, damit dem Boden keine neuen Nährstoffe zugeführt werden. So erhalten Wildblumen mehr Freiraum, um sich zu entfalten. „Über Jahre kann sich so eine prächtige Blumenwiese entwickeln“, erläutert Günter Glaser. „Damit sind diese Flächen gut geeignet, um die Biodiversität zu stärken.“
Das bisherige Wachstum auf diesen Alternativflächen gibt Günter Glaser recht. Zufrieden blickt der stellvertretende Bauhofleiter auf eine Vielzahl an typischen Wildblumen, die auf der Streuobstwiese am Schweinshag blühen und gedeihen: Wiesensalbei, Klappertopf, Wiesenwitwenblume, Wiesenlabkraut, Vogelmiere, Hahnenfuß, Rotklee, Vergissmeinnicht, Bärenklau, Wiesenstorchschnabel, Schafgarbe, Wiesenbocksbart und Kuckucks-Lichtnelke.
Unlängst hat Günter Glaser mit fachmännischem Auge sogar eine echte Rarität am Straßenrand erspäht: Am Grünstreifen entlang der Gymnasiumstraße blüht die Bienen-Ragwurz, eine seltene heimische Orchideenart, die besonders geschützt ist. (snp)