Aufgaben müssen für die Zukunft aber klar priorisiert werden
In finanz- und gesellschaftspolitisch herausfordernden Zeiten kann die Stadt Neckarsulm auf eine finanziell solide Basis bauen, lebt aber weiter von der Substanz. „Hauptaufgabe wird mehr denn je sein, klare Prioritäten zu setzen“, bekräftigte Oberbürgermeister Steffen Hertwig in seiner Haushaltsrede im Gemeinderat. „Die goldenen Jahre sind schlichtweg vorbei. Umso wichtiger ist es, die Standards der Vergangenheit zu hinterfragen.“ Mit seiner Haushaltsrede brachte OB Steffen Hertwig den Etat für das Jahr 2024 in den Gemeinderat ein und bewertete den Haushaltsentwurf.
Der Ergebnishaushalt für das Jahr 2024 verdeutlicht das strukturelle Problem. Zu Buche schlägt ein negatives ordentliches Ergebnis von rund 13,2 Millionen Euro. Das bedeutet, dass die Stadt den laufenden Betrieb durch Einnahmen nicht finanzieren kann und der Ergebnishaushalt keine Finanzierungsmittel für Investitionen erwirtschaftet. Um den Ergebnishaushalt auszugleichen und die geplanten Investitionen zu finanzieren, werden dem Finanzmittelbestand rund 52 Millionen Euro entnommen.
Durch solide Rechnungsergebnisse in den Vorjahren und einmalig hohe Gewerbesteuer-Nachzahlungen im Jahr 2023 ist der Finanzmittelbestand gut gefüllt. Statt der veranschlagten 90,7 Millionen Euro nimmt die Stadt in diesem Haushaltsjahr voraussichtlich 129,3 Millionen Euro an Gewerbesteuer ein. Durch die geplante Entnahme im kommenden Haushaltsjahr sinkt der Finanzmittelbestand von 176,9 Millionen Euro zum Jahresende 2023 auf 125,2 Millionen Euro zum Jahresende 2024. Diese Finanzmittel sind aber nicht in voller Höhe frei verfügbar, weil die Stadt 35 Millionen Euro für künftige Finanzausgleichs- und Kreisumlagezahlungen zurückstellen muss. Aus den überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2023 resultieren im Jahr 2025 entsprechend hohe Umlagezahlungen in Höhe von 80 Millionen Euro.
Für das Haushaltsjahr 2024 rechnet die Stadt wieder mit durchschnittlichen Gewerbesteuereinnahmen von 70,3 Millionen Euro. Auf der Ausgabenseite wird der Ergebnishaushalt durch hohe Aufwendungen belastet. Die Hauptausgaben entfallen auf Personalkosten und Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Hierfür sind im Haushalt 2024 Kosten von 46,9 beziehungsweise 29,8 Millionen Euro veranschlagt. Diese Kosten bleiben auch in den Folgejahren hoch, während sich die Gewerbesteuereinnahmen in etwa auf dem gleichen Niveau einpendeln. Damit muss die Stadt auch mittelfristig weiter auf den Finanzmittelbestand zurückgreifen. Dieser sinkt bis Ende 2027 auf 38,9 Millionen Euro.
Überdurchschnittlich hohes Investitionsvolumen mit Schwerpunkt im Bereich Bildung
Der Finanzhaushalt sieht ein überdurchschnittlich hohes Investitionsvolumen von 42,8 Millionen Euro vor, das im Wesentlichen aus dem Finanzmittelbestand finanziert wird. Kreditaufnahmen sind für das Jahr 2024 nicht geplant. „Wir investieren immer noch massiv in unsere Infrastruktur“, versicherte Steffen Hertwig. Dabei legt die Stadt die Prioritäten auf die vier zentralen Handlungsfelder: Bildung und Betreuung, Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung.
Von den geplanten Investitionen entfallen 24,7 Millionen Euro auf den Hochbau. In diesem Bereich liegt der Schwerpunkt auf dem Handlungsfeld Bildung und Betreuung. Zu den größten Investitionsmaßnahmen gehören der Neubau der Franz-Binder-Verbundschule mit einer weiteren Finanzierungsrate von 7,3 Millionen Euro, die fortgesetzte Generalsanierung der Hermann-Greiner-Realschule mit weiteren Finanzierungsmitteln von 10,2 Millionen Euro, die vom Gemeinderat beschlossene Teilsanierung der Ballei mit insgesamt 15 Millionen Euro bis 2028 (2024: drei Millionen Euro) und der Neubau der Kita Hägelich, der bis 2026 mit rund neun Millionen Euro finanziert wird.
Im Tiefbau sind Investitionen von insgesamt 5,6 Millionen Euro vorgesehen. Die größten Ausgabeposten sind die Ertüchtigung des Kanals in der Rötelstraße (insgesamt neun Millionen Euro), der Bau der Bahnunterführung als Ersatz für den stillgelegten Bahnübergang Neckarstraße mit einem städtischen Anteil von 2,72 Millionen Euro, der weitere barrierefreie Umbau von Bushaltepunkten (1,3 Millionen Euro) und der weitere Ausbau des Radwegenetzes (300.000 Euro).
Aus dem Finanzhaushalt finanziert werden auch der Ersatz von Fahrzeugen im städtischen Fuhrpark (1,1 Millionen Euro), neue Einsatzfahrzeuge für die Feuerwehr (820.000 Euro), verschiedene Spielgeräte für Spielplätze (220.00 Euro) und Ausgaben für die Digitalisierung (250.000 Euro).
„Der vorliegende Haushaltsplanentwurf bildet insgesamt das breite Spektrum an Aufgaben an“, fasste OB Hertwig zusammen. „In der Vergangenheit haben wir als Gemeinschaft viel erreicht. Unsere Stadt entwickelt sich in vielerlei Hinsicht.“ Der Oberbürgermeister stellte aber auch fest: „Die Aufgaben und Wünsche sind weitaus größer als die verfügbaren Mittel.“ Daher ist laut Steffen Hertwig eine Priorisierung der Aufgaben unumgänglich. „Zukunftsfähige Entscheidungen mit Augenmaß und der sinnvolle Einsatz der vorhandenen Rücklagen sind hierbei oberstes Gebot – auch mit Blick auf die nachfolgenden Generationen.“ (snp)
Eckdaten zum Haushaltsplan 2024 (alle Angaben in Mio. Euro)
Ergebnishaushalt:
Erträge: 143,2 (2023: 172,6)
Gewerbesteuer: 70,3 (90,7)
Grundsteuer: 6,5 (6,4)
Einkommenssteuer: 18,9 (19,2)
Schlüsselzuweisungen: 2,6 (2,3)
Aufwendungen: 156,4 (162,3)
Personalaufwendungen: 46,9 (41,4)
Sach-/Betriebsaufwand: 29,8 (29,6)
Kreisumlage: 25,4 (22,7)
Ordentliches Ergebnis: - 13,2
Finanzhaushalt:
Bauprojekte: 34,7 (44,3)
Stand liquide Mittel: 91,7 (94,4)
Zahlungsmittelüberschuss aus dem Ergebnishaushalt: 19,5 (26,9)