Schon einfache Maßnahmen helfen, Wassermassen zu lenken und einzudämmen

Eine Retentionsmulde am Wegesrand ist mit Wasser gefüllt.
Auch Retentionsmulden sind eine wirksame Maßnahme, um unkontrollierten Oberflächenabfluss zu minimieren. (Foto: Stadt Leonberg, KliStaR)     

Im Zuge der globalen Erwärmung nehmen Wetterextreme auch im Südwesten immer mehr zu; die Gefahr von Hochwasser- und Starkregen-Ereignissen steigt. Der jüngste Fall in Neckarsulm ereignete sich Anfang Juni: Infolge starker Regenfälle trat der Neckar über die Ufer und überflutete die Neckarauen mit der Neckartalstraße. Auch das Ernst-Freyer-Bad wurde durch das Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen.

Um den Gefahren durch Starkregen vorzubeugen, hat die Stadt ein Kommunales Starkregen-Risikomanagement eingeführt. Auf dieser Grundlage plant und ergreift die Stadt Maßnahmen, um die eigenen Liegenschaften und städtischen Siedlungsbereiche zu schützen. Im Außenbereich sind auch private Grundstückseigentümer und -pächter wie zum Beispiel Landwirte, Förster und Wengerter aufgerufen, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen.

Bei Starkregen fließen in kurzer Zeit große Mengen an Oberflächenwasser ab. Die Wassermengen in den Außengebieten fließen zusammen und ergießen sich gesammelt in die Siedlungsgebiete. Felder, Wiesen, steile Waldwege und nicht bepflanzte Weinberge verstärken den unkontrollierten Abfluss. Dabei wird Boden abgetragen und Schlamm mitgerissen. Mit relativ einfachen Maßnahmen können Grundstücksbesitzer den Abfluss aus den Außenbereichen vermindern.            

Relativ einfache Maßnahmen erzielen große Wirkung

  • Ackerrandstreifen sind Grünstreifen mit wenigen Metern Breite entlang von Äckern oder Feldern. Die Grünstruktur festigt den Untergrund, wirkt der Erosion entgegen und bremst den Abfluss des Oberflächenwassers. Diese Randstreifen können als mehrjähriges Grünland angesät oder als einjähriger, temporärer Grasstreifen eingesät werden. Zusätzlich können die Ackerrandstreifen mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt werden.
  • Die festeren Grünstreifen können als Untersaat auch direkt in den Acker oder das Feld eingebracht werden. Auch dort sorgen sie dafür, dass Abfluss und Bodenerosion vermindert werden. Die Untersaat kann auch nachträglich in die Hauptfrucht integriert werden. Als temporäre Untersaat eignet sich zum Beispiel ein schnellwachsendes Getreide. Spätere Gräser- oder Klee-Aussaaten können nach der Hauptfruchternte auch als Dünge- oder Futtermittel dienen.
  • Eine wirksame Maßnahme gegen Bodenerosion und wild abfließendes Oberflächenwasser ist auch die Querbewirtschaftung. Dabei wird der Acker nicht in Gefällerichtung, sondern quer zum Gefälle bewirtschaftet. Dadurch entstehen stauwirksame Barrieren. Diese Maßnahme ist praxisgerechter als die eng verwandte Kontursaat, bei der das Feld parallel zu den Höhenlinien bearbeitet wird.
  • Retentionsmulden dienen als Zwischenspeicher für den Oberflächenabfluss und tragen so dazu bei, die Hochwasserwelle zu verzögern und abzudämpfen. Solche natürlichen oder künstlich geschaffenen Vertiefungen in der Landschaft können als temporäre Wasserspeicher in der Forst- und Landwirtschaft genutzt werden. In niederschlagsfreien Perioden fallen sie trocken.       

„KliStaR“-Steckbriefe informieren über Maßnahmen zum Wasser- und Bodenrückhalt

Nachzulesen sind die beschriebenen land- und forstwirtschaftlichen Maßnahmen in Steckbriefen, welche die WBW-Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung, Karlsruhe auf ihrer Homepage veröffentlicht hat. Unter https://www.wbw-fortbildung.de/sites/default/files/2021-11/KliStaR-Steckbriefe.pdf sind alle „KliStaR“-Steckbriefe abrufbar („Klimaanpassung durch Stärkung des Wasser- und Bodenrückhalts in Außenbereichen“). Diese Steckbriefe enthalten auch Ratschläge, wie Grundstückseigentümer Fördermittel für derartige Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft beantragen können.        

Auch die Stadt ergreift Maßnahmen gegen den Oberflächenabfluss im Außenbereich. So hat das Tiefbauamt gemeinsam mit dem städtischen Bauhof als erste Maßnahme eine Retentionsmulde im Bereich der Kalbenstraße angelegt. Gleiches geschieht gerade in der Merowinger Straße in Obereisesheim. Der Bereich Schweinshag-Kalben-Neubergstraße gilt bei Starkregen als Risikobereich. Dort sind in den kommenden Jahren größere Schutz- und Lenkungsmaßnahmen geplant. Aber auch in Dahenfeld und Amorbach sind Rückhaltemaßnahmen vorgesehen, zum Beispiel durch das Anheben von Feldwegen, erhöhte Bordsteine und die Anlage weiterer Retentionsflächen.          

Inwieweit Neckarsulmer Bürgerinnen und Bürger von Starkregenereignissen individuell betroffen sind, können Nutzer anhand der Starkregen-Gefahrenkarten ablesen. Die Stadt stellt diese umfassenden Informationen öffentlich zur Verfügung, und zwar unter www.starkregengefahr.de/neckarsulm sowie auf der städtischen Homepage: www.neckarsulm.de / Zukunft gestalten / Klima & Umwelt / Klimafolgenanpassung / „Starkregenrisikomanagement“.

Die Karten zeigen, welche Bereiche in Neckarsulm bei extremen Niederschlags-Ereignissen von wild abfließendem Oberflächenwasser betroffen sind, und sie markieren die Fließwege und Fließgeschwindigkeiten. Der Nutzer kann in der computeranimierten Karte seinen Wohnort oder den Ort seines Interesses durch Heranzoomen auswählen.

Wenn es um den Objektschutz von Privatgebäuden geht, müssen die Haus- und Grundstückseigentümer selbst tätig werden und eigenverantwortlich handeln. Eine geeignete Vorsorgemaßnahme für Privatgebäude ist der Hochwasserpass. Der Hochwasserpass ist eine Art Objektschutzplan für das betreffende Gebäude und wird von zertifizierten Fachleuten ausgestellt. Ein Verzeichnis mit entsprechend zertifizierten Sachkundigen finden Interessierte auf der Homepage www.hochwasser-pass.info. (snp)            

(Erstellt am 15. Oktober 2024)